Psychotherapie | Reiner Büch

TIEFENPSYCHOLOGISCH FUNDIERTE PSYCHOTHERAPIE

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie basiert auf den Grundgedanken der Psychoanalyse. Sie ist eine Schulrichtung der Psychologie, die von Sigmund Freud, Alfred Adler und Carl Gustav Jung begründet wurde.

Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie umfasst ätiologisch orientierte Therapieformen, mit welchen die unbewusste Psychodynamik aktuell wirksamer neurotischer Konflikte unter Beachtung von Übertragung, Gegenübertragung und Widerstand behandelt werden. Eine Konzentration des therapeutischen Prozesses wird durch Begrenzung des Behandlungszieles, durch ein vorwiegend konfliktzentriertes Vorgehen und durch Einschränkung regressiver Prozesse angestrebt. G. Rudolf, T. Grande und C. Oberbracht (2000) haben mit der Heidelberger Umstrukturierungsskala ein Modell der Veränderung in psychoanalytischen Therapien entwickelt (Heidelberger Umstrukturierungsskala). B. Oberhoff hat in: Übertragung und Gegenübertragung in der Supervision (2002), die verschiedenen Ebenen des therapeutischen Verstehensprozesses anschaulich dargestellt.

Die drei Verstehensebenen in der Übertragungsanalyse  	nach B. Oberhoff: Übertragung und Gegenübertragung in der Supervision, 2002

Meditation, Imaginationstechniken, freie Ideenassoziationen und Symbolreflexion

Zur Erkundung und zum Verstehen bisher unbewusster innerseelischer Konflikte nutze ich u.a. erlebnisaktivierende Verfahren wie Meditation, Imaginationstechniken, freie Ideenassoziationen und Symbolreflexion.  

Hanscarl Leuner konzipierte in den fünfziger Jahren ein Verfahren, das er anfangs „Katathymes Bilderleben“ (griech. kata = gemäß; thymos = Seele), später „Katathym Imaginative Psychotherapie“ (KiP) nannte (DGKB). Um die Botschaft von Imaginationen zu verstehen und therapeutisch zu nutzen, ergänze ich das Verfahren der KiP um die von Ernst E. Boesch (1977) konzipierte Konnotationsanalyse.

Um eine Vorstellung zu gewinnen von der praktischen Arbeit mit dem Katathymen Bilderleben, sei hier der sogenannte „Blumentest“ kurz vorgestellt: Nach einer kurzen Entspannungsphase wird dem Klienten das Motiv „Blume“ vorgegeben:

„Versuchen Sie bitte, sich einmal eine Blume vorzustellen.“

Nach kurzer Zeit wird spontan vor den Augen des Klienten eine Blume auftauchen und im Dialog mit ihm wird diese Blume genau beschrieben. Auch andere Gefühlsqualitäten, wie z.B. Farbe, Geruch, Anmutung werden erfragt, um so zu einem möglichst vollständigen Sinneseindruck zu bekommen. Der Klient spürt, dass diese Blume etwas mit ihm zu tun hat. Es gibt ja große und kleine Blumen, strahlende und unscheinbare, mit stabilem oder mit schwachem, stützungsbedürftigem Stil, verwurzelte und unverwurzelte, vital-üppige und halb vertrocknete, allein stehende oder in Gesellschaft wachsende. Was für eine Blume aus der Vielfalt der Möglichkeiten erscheint, ist kein Zufall. Neben „Tagesresten“ bestimmen innere Affinitäten das Aussehen und die Ausstrahlung der vorgestellten Blume.

Nach dem von Ernst E. Boesch (Ehrenmitglied der AGEM ) entwickelten Konzept des  „imaginierenden Handelns”, führt jede Imagination zu einer Konkretisierung. Sie verwandelt Anmutungen und Befindlichkeiten in beschreibbare Bilder, es zeigen sich individuelle Handlungsentwürfe, Handlungsneigungen, die sich mit alternativen Handlungen vergleichen lassen. Die Imagination stellt dabei, vergleichbar dem Traum, zunächst ein symbolisch vieldeutiges Bild zur Verfügung. Die Imagination als solche wirkt insofern nicht notwendigerweise schon therapeutisch. Imaginationen erlauben oder fördern aber auch die reflexive Stellungnahme.

Einsatz von „Katathym Imaginative Psychotherapie“ (KiP)

Psychologie Reiner Büch - Türen öffnen

Der Einsatz von KiP im Rahmen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie hat sich vor allem in der Behandlung von Angstzuständen, Depressionen, psychosomatischen Erkrankungen, Lebenskrisen, Beziehungsproblemen, bei der Bewältigung von körperlichen Erkrankungen, sowie bei der Persönlichkeitsentwicklung als sehr hilfreich erwiesen.

Klient*innen, die sich in einer solchen problematischen Lebenssituation befinden, leiden aus handlungstheoretischer Perspektive an einem Ord­nungsdefizit. Das kann z.B. eine nicht aufgelöste Diskrepanz zwischen einem persönlichen Handlungsmotiv und einer kollektiven Erwartung oder zwischen einem eigenen befremdlichen Handlungsmotiv und der bewussten Intention sein. Zur Behandlung sog. neurotischer Zielkonflikte, die gekennzeichnet sind durch Ziele, die sich gegenseitig aufheben, wie z.B. bei dem Mann, der seinem Vater zu entrinnen sucht, sich zugleich aber mit ihm identifiziert, kann Psychotherapie dazu beitragen, die Steuerungs­muster des Handelns zu erkennen und so zu verändern, dass Diskrepanzen zwischen Zielvorstellungen und tatsächlichen Handlungseffekten verringert werden. Dieses Vermögen beruht auf einem kontinuierlichen Hin und Her zwischen dem Entdecken oder Schaffen von Ordnungen und deren kritischer Betrachtung. Die Symptomatik verliert dabei ihre bisherige symbolische Bedeutung. Dieser Reflexionsprozess führt idealerweise zur Stärkung eines autonomen und dennoch dem kulturel­len Rahmen angemessenen Handlungspotentials.

Wenn das therapeutische Anliegen eine klar definierbare Problemsituation beinhaltet, verwende ich KiP als übendes Verfahren im Sinne des Mentalen Trainings, sei es zur Minderung emotionaler Reaktionen, z.B. bei kurzfristiger Prüfungsangst, vergleichbar der Desensibilisierung oder zum imaginierenden Üben von Geschicklichkeit oder zur Ressourcenaktivierung.